Hangrutschungen am Osthang des Venusbergs

Abbildung 1 Treppe oberhalb Hinsenkampstraße, Bonn Dottendorf (re) Das Fließen des Untergrunds ist erkennbar. (Foto: Reichert)
Abbildung 1 Treppe oberhalb Hinsenkampstraße, Bonn Dottendorf (re) Das Fließen des Untergrunds ist erkennbar. (Foto: Reichert)

Wie man bereits durch Augenschein erkennen kann, ist der Osthang des Venusbergs in Bewegung. Kippende oder in ihrer Lage veränderte Treppenstufen, Hinabfliessen von Platten und Wegen, "Säbelwachstum" bei Bäumen sowie häufige umgestürzte Bäume sind die sichtbaren Folgen einer Kriechbewegung des Hanges. Diese Bewegung erfolgt mit einigen cm bis dm pro Jahr, kann aber auch zu plötzlichen Abrissen und Hangrutschungen mit katastrophalen Folgen führen.

 

Nun ist dies am Osthang des Venusbergs nicht neu. Zahlreiche historische Ereignisse wurden beschrieben, wo z. T. riesige Schollen abgingen. Siehe unten die Liste dokumentierter Rutschungen im Bonner Raum (aus Diss. Urlike Hardenbicker).

In den Jahren 1991 bis 1997 untersuchte der Bonner Universitätsprofessor Dr. Grunert, Dr. Ulrike Hardenbicker, heute Professorin an der Universität Regina in Kanada und zahlreiche weitere Wissenschaftler und Diplomanden die Hangrutschungen am Venusberg und erstellten Karten und Diagramme.

Bohrungen für den Venusbergtunnel, z.T. selbst von der Stadt Bonn beauftragt, belegen ebenfalls die Gefahr von Rutschungen und die Gefährlichkeit des Untergrundes.

Und schließlich gibt es beim Geologischen Dienst des Landes NRW in Krefeld ausführliche geologische Karten und Anhänge, die die Gefahr von Hangrutschungen am Osthang des Venusbergs beschreiben.

Diese Karten sind vor jeder Baumassnahme einzusehen, um die Tragfähigkeit des Untergrundes zu bestimmen. Laut Machbarkeitsstudie S. 9 hat Dr. Baum diese Karten (5208 Bonn) zu Rate gezogen.

Hat er etwa nichts bemerkt?

In den Erläuterungen der Ingenieurgeologischen Karte 1:25.000, 5208 Bonn befindet sich ein Kapitel "Rutschungen", wo ausdrücklich auf den Osthang des Venusberges als "rutschungsgefährdet" verwiesen wird.

Aus den Veröffentlichungen von Grunert und Hardenbicker ergib sich: Es gibt  eine ca. 10 m mächtige Sand- und Kiesschicht, die aus dem früheren Rheinufer stammt. Durch die vulkanische Tätigkeit im Siebengebirge habe es eine Aufschiebung zum Kottenforst hin gegeben.

Darunter befänden sich bis in 100 m Tiefe verwitterten devonischen Schiefer, überdeckt mit Schluff und Tonschichten, die allesamt nicht stabil seien.

Abbildung 2  Säbelwachstum bei Bäumen deutet auf aktive Rutschungen hin. Venusberg Osthang  (Foto: Reichert)
Abbildung 2 Säbelwachstum bei Bäumen deutet auf aktive Rutschungen hin. Venusberg Osthang (Foto: Reichert)

Die auf den Fotos erkennbaren Fließ- bzw. Kriechsymptome (Kippen und Fließen der Treppen, Säbelwachstum der Bäume, zahlreiche Umstürze gesunder Bäume) gelten als typisches Alarmzeichen für instabile Hänge. Bei einem derart unsicheren Untergrund, bis in 100 m Tiefe nicht tragfähig, muss man von teilweise Unbebaubarkeit, zumindest aber von erheblichen Kosten zur Sicherung ausgehen. Solche Kosten sind nicht ohne weiteres spezifizierbar, sie können nur durch Bohrungen verifiziert und abgeschätzt werden. Das muss im Vorfeld einer Planung zwingend durchgeführt werden.

 

Kriecht der Untergrund, so werden z. B. Bäume durch die Bewegung aus der Senkrechten gezogen und neigen sich hangabwärts. Durch Geotropismus, also Wachstum entgegen der Schwerkraft, gleicht der betroffene Baum dies teilweise aus. So entstehen die typischen Wuchsformen, die man auch aus den Alpen von schiebenden Schneelasten kennt.

 

Abbildung 3  junge Hangrutschung, am Alter der Baumstämme erkennbar. Dottendorf oberhalb Quirinusbrunnen   (Foto Reichert)
Abbildung 3 junge Hangrutschung, am Alter der Baumstämme erkennbar. Dottendorf oberhalb Quirinusbrunnen (Foto Reichert)

Hier eine (nicht sehr alte) spontane Rutschung am Osthang des Venusbergs. Spaziergänger können solche Stellen leicht finden, sie sind in verschiedener Ausprägung am Venusberghang häufig anzutreffen. Mal sind es Wege, die teilweise abbrechen, mal größere Areale, die zu Tal stürzen.

 

Was haben die Hangrutschungen mit der Seilbahn zu tun?

Am Venusberghang sollen mehrere Stützen für die Seilbahn aufgestellt werden. Eine 1-S-Seilbahn erfordert alle 200 bis 400 m ein Stütze, die erhebliche Last tragen und u. U. auch transversale Kräfte abfangen muss.

 

 

 

Da der Venusberghang im betroffenen Bereich bis in die Tiefe massiv verwittert und rutschgefährdet ist, ergeben sich zahlreiche Probleme:

  • Die Baustelle kann Leib und Leben der Anwohner und der am Bau Beteiligten gefährden.
  • Auch nach Ende der Baumassnahme können, verursacht durch die Bautätigkeit, noch Rutschungen auftreten.
  • Falls eine Trasse (Breite ca. 15 m) freigeschlagen wird, entfällt auch noch der Schutz des Hanges durch das Wurzelwerk der Bäume.
  • der Bau der Stützen erfordert tiefgründige verbreiterte Fundamentierungen, die extremen Kosten verschlingen können und latente Gefahren darstellen.

All dies wurde in der Machbarkeitsstudie nicht erwähnt, wohl um das Projekt nicht durch Hohe Kosten zu gefährden. Es steht zu befürchten: Hinterher wird das Projekt um ein Mehrfaches teurer als geplant!

 

Ist die Unterschlagung der Kenntnis dieser Gefahren nicht ein Betrug am Steuerzahler, am Rat, der die Entscheidung aufgrund vorgelegter Kosten trifft, am Land, das diese unsinnige Verkehrsmassnahme größtenteils bezahlen muss?

Um nicht unsinnige Verkehrsprojekte mit extremen Kosten finanzieren zu müssen, ist bei allen Projekten über 25 Millionen Euro eine Nutzen-Kosten-Analyse gesetzlich vorgeschrieben. Werden nun Kosten "vergessen", so ergibt sich ein besserer Nutzen-Kosten-Indikator und das Projekt wird plötzlich förderfähig.

Diese Taktik scheint bei öffentlichen Bauvorhaben regelmäßig zur Anwendung zu kommen, wie man an massiv steigenden Baukosten während der Projekte erkennt.

 

 

Karte des Venusberg-Osthanges aus einer Veröffentlichung von Jörg Grunert und Ulrike Hardenbicker (1996):

Tiefenzersatz der devonischen Gesteine und seine bedeutung für die Hangrutschungen am Beispiel des Venusberges in Bonn.

 

Jörg Grunert ist em. Professor und war lange Jahre an der Universität Bonn im Geographischen Institut tätig.

Ulrike Hardenbicker ist Professorin im Fachbereich Geologie an der Regina Universität in Kanada.

Zwischen 1991 und 1997 haben beide wie auch viele andere Wissenschaftler und Diplomanden an der Universität Bonn Hangrutschungen untersucht und kartiert.

Auf der Karte links aus der genannten Veröffentlichung erkennt man neben einer großen Hangrutschung an der Rosenburg eine sehr große Rutschung in Dottendorf, Bergstraße von 1937 (im Bild Druckfehler: 1927) , die genau auf den Hindenburgplatz führt, eine Rutschung am Kalenberg in Friesdorf  sowie vier kleinere Rutschungen am Venusberghang südlich der Rutschung Bergstraße. 

Die Rutschungen an der Bergstraße sowie die südlich davon gelegenen betreffen genau den Bereich der Seilbahntrasse.

 

Zur geologischen Situation in diesem Bereich am Osthang des Venusbergs sowie im Bereich Friesdorf schrieben Grunert und Hardenbicker u. A. den hier im Original abgebildeten Text:

 

 

Abbildung 4   Areal der Rutschung an der Bergstraße (1937), die heute noch aktiv ist.  (Auszug aus Google Earth)

 

Hier ein aus Google-Earth kopiertes Bild, das den Bereich der Hangrutschung an der Bergstraße, die 1937 stattfand, zeigt. Diese Rutschung läuft genau auf den Hindenburgplatz zu. An der gelockerten Struktur der Baumwipfel im Rutschungsbereich in der Bildmitte erkennt man, dass die Rutschung noch aktiv ist, d.h. der Hang kriecht langsam in die Tiefe. Denn eigentlich müssten die Baumwipfel durch Phototropismus (biol.: wachsen in Lichtrichtung) innerhalb weniger Jahre wieder die Lücken schließen, aber durch die andauernde Bewegung des Hanges, der offenbar nicht zur Ruhe kommt, reißen immer wieder Teile auf. Ein äußerst gefährdeter Bereich, bei dem durch Bautätigkeit jederzeit Rutschungen ausgelöst werden könnten. Laut Grunert und Hardenbicker besteht der Untergrund aus bis in 100 m Tiefe verwittertem devonischen Schiefer, überlagert von 10 m mächtigen Kies- und Sandschichten sowie Lehm und Schluff - eine äußerst rutschgefährdete Schichtung.

 

Ausgerechnet in diesem Bereich soll die Seilbahntrasse mit mehreren Stützen den Venusberghang hinauf laufen.

Warum muss erst die Bürgerinitiative so etwas herausbekommen, wo doch Bauingenieure im Planungsamt und im Stab der Gutachter sitzen, die so etwas vor jeder Planung abklären müssten?

 

Hier offenbaren sich ungeheuerliche Schlampereien, und wir meinen, das ist kein Zufall.

 

Der Oberbürgermeister, die Verwaltung, der ärztliche Direkter des UKB, die Seilbahnhersteller und ihre Lobbyisten, der Fahrradclub, der VCD und schließlich auch einige Politiker und Fraktionen versuchen die Entscheidung zum Bau der Seilbahn mit scheinbar kleinen Kosten durchbekommen. Was nachher der Bau tatsächlich kostet, interessiert jetzt niemanden. Getreu dem Motto: Nach mir die Sintflut!
Dieses Verhalten der Verwaltung und ihrer Unterstützer ist einer der Schlüssel für die stets sich verteuernden öffentlichen Bauvorhaben.

 

Liste dokumentierter Rutschungen im Bonner Raum, Teil 1  (aus U. Hardenbicker)

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