Warum ist die Windgeschwindigkeit so wichtig?

Grundsätzlich hat die Windgeschwindigkeit einen entscheidenden Einfluss auf die Betriebstüchtigkeit einer Seilbahn. Treten Böen von 60 km/h und mehr auf, so kann die Sicherheit des Betriebs bei 1-S-Seilbahnen nicht mehr gewährleistet werden, da unter anderem die Gefahr besteht, dass Seil und Gondeln zu stark schwingen.

In diesen Fällen sind die Gondeln  leer zu fahren und der Seilbahnbetrieb ist komplett einzustellen, bis die Gefahr sicher vorüber ist.

 

Fehler in der Machbarkeitsstudie: Aussagen über den Wind

In der Machbarkeitsstudie zum Seilbahnprojekt heißt es: „Zur Bewertung der Windsituation: Hier gibt es in Bonn voraussichtlich keine Einschränkungen. Die ständige Wetterstation der Universität Bonn in Endenich maß auf dem Dach des Meteorologischen Instituts in über 10 m Höhe (April 2015 bis April 2016) keine Windgeschwindigkeit über 30 km/h."  (Quelle: Machbarkeitsstudie, S. 29)

 

Wir haben diese Aussagen des Gutachters überprüft und kommen zu folgendem Ergebnis: In dem für die Machbarkeitsstudie relevanten Zeitraum (April 2015 bis April 2016) wurden am Metereologischen Institut in Bonn-Endenich an 200 Tagen Windgeschwindigkeiten über 30 km/h und an 25 Tagen Windgeschwindigkeiten von über 60 km/h gemessen. Die Aussage des Gutachters ist also falsch.

Wie können einem Gutachter so gravierende Fehler beim Auslesen der Daten unterlaufen? Und wie verlässlich sind vor diesem Hintergrund die Schlussfolgerungen des Gutachters zu bewerten?

 

Das Meteorologische Institut der Universität Bonn veröffentlicht auf seiner Website die Messwerte der Wetterdaten aus Bonn-Endenich.

Leider sind die Messwerte online nicht mehr verfügbar.

Wir haben die Messwerke seinerzeit komplett gesichert und daraus die unten angegebenen Daten extrahiert. Sie sind daher jederzeit nachprüfbar.

 

Nr.

Datum

Anz.

[m/s]

[km/h]

1

05.05.2015

3

19,14

68,9

2

12.06.2015

2

18,58

66,9

3

07.07.2015

1

16,73

60,2

4

25.07.2015

7

17,74

63,9

5

05.09.2015

2

17,54

63,1

6

08.09.2015

10

40,61

146,2

7

09.09.2015

2

28,58

102,9

8

23.10.2015

4

31,78

114,4

9

29.10.2015

1

39,61

142,6

10

05.11.2015

2

23,53

84,7

11

12.11.2015

1

18,02

64,9

12

15.11.2015

2

16,89

60,8

13

17.11.2015

1

17,45

62,8

14

18.11.2015

13

22,45

80,8

15

29.11.2015

8

18,53

66,7

16

30.11.2015

4

18,7

67,3

17

26.12.2015

4

23,16

83,4

18

07.01.2016

4

19,07

68,7

19

30.01.2016

4

17,09

61,5

20

08.02.2016

11

19,19

69,1

21

09.02.2016

6

23,84

85,8

22

02.03.2016

1

20,48

73,7

23

16.03.2016

1

17,08

61,5

24

28.03.2016

1

16,81

60,5

25

04.04.2016

1

19,39

69,8

 

Summen

96

 

78,0

 

In der Tabelle links wurden die aus der genannten Datenquelle des meteorologischen Instituts der Uni Bonn (auf dem Dach des Instituts in über 10m Höhe gemessen) Werte nach Geschwindigkeiten über 60 km/h gefiltert. Es ergaben sich an 25 Tagen insgesamt 96 Ereignisse mit höheren Geschwindigkeiten. Eine Filterung nach den vom Gutachter angeführten 30 km/h zeigte Überschreitungen an 200 Tagen des gewählten Zeitraumes.

Hinweis: die rechte Spalte wurde durch uns eingefügt. Die Werte ergeben sich aus Umrechnung von [m/s] auf [km/h].

 

Für die Seilbahn ergibt sich daher:

Da schon an 25 Tagen im Jahr höhere Windgeschwindigkeiten als 60 km/h auftreten, dürfte die Gefahr von Böen wesentlich öfter auftreten. In diesen Zeiten muss die Seilbahn stehen,  andere Verkehrsmittel müssen deren Aufgaben übernehmen.

 

An vielen Tagen treten Windgeschwindigkeiten über 60 km/h mehrfach auf, so am 25.7.2015 (7 Ereignisse), am 8.9.2015 (10 Ereignisse), am 18.11.2015 (13 Ereignisse), am 29.11.2015 (8 Ereignisse), am 8.2.2016 (11 Ereignisse). An diesen Tagen ist u.U. auch davon auszugehen, dass die Seilbahn den ganzen Tag steht.

 


Gewitter

Unterschlagen hat der Gutachter auch die Gefahr von Gewittern. Laut Wetter.de treten in Bonn  im Jahresmittel 5 bis 8 Gewitter auf.

Bei Gefahr von Gewittern sind die Gondeln leerzufahren und der Betrieb der Seilbahn ist einzustellen, bis die Gefahr vorüber ist. Dies beinhalten übereinstimmend alle in Europa gültigen Vorschriften für Seilbahnen.

 

Regelmäßige Wartungen der Seilbahn

Hinzu kommen noch die Zeiten für Wartung und Reparaturen. Dafür sind jährlich mindestens 7 Tage anzusetzen. Aufgrund der Wartungsintervalle an anderen Seilbahnen, über die im Internet berichtet wird, ist eher mit 10 bis 15 Tagen für Wartung zu rechnen.

Falls Havarien, Ausfälle oder technische Probleme auftreten, kommen dazu noch die Zeiten für Reparaturen.

Schließlich muss etwa alle 10 Jahre das komplette Seil ausgetauscht werden, was die Seilbahn für längere Zeit stilllegt.

 

Fazit

Allein aufgrund dieser Stillstandszeiten von 7 – 15 ganzen Tagen für Wartung und zusätzlichen geschätzten 30 Tagen teilweiser, möglicherweise aber auch ganztägiger Ausfälle wegen Wind oder Gewitter ist die Seilbahn kein zuverlässiges Verkehrsmittel und wird das durch planerische Fehlleistungen bestehende Verkehrschaos in Bonn noch massiv verstärken.

Wäre die Seilbahn - wie behauptet - alternativlos, so bräche an diesen Tagen in Bonn der Verkehr zusammen. Denn es stehen kurzfristig weder Ersatzverkehrsmittel noch Fahrer bereit. Gleichzeitig würde aufgrund der kostenbedingten Ausdünnung der übrigen Bus- und Bahnlinien der Notstand im bestehenden ÖPNV noch größer.

In der Nutzen-Kosten-Analyse müssen die ausgefallenen Tage als reduzierter Nutzen und gleichzeitig auf der Kostenseite die Aufwendungen für Ersatzverkehrsmittel, Fahrer, Organisation etc. eingepreist werden. Schon damit würde die Seilbahn einen Nutzen-Kosten-Indikator unter 1 erreichen und wäre nicht genehmigungsfähig.

Ausserdem führt Unzuverlässigkeit dazu, dass die Akzeptanz der Seilbahn sinkt, was zum Umsteigen der Fahrgäste auf andere Verkehrsmittel, im ungünstigsten Fall sogar auf das Auto, führt. Und genau das will man nicht haben!

 

Trassenverlauf im Bereich Post-Tower; Auftreten von gefährlichen Starkwinden

Die geplante Seilbahntrasse (Netzmodell E (2,9) wird nach derzeitigem Planungsstand etwa 20 m südlich des Posttowers verlaufen (siehe rote Linie im Bild). Die rote Linie bezeichnet die Mitte der Trasse. Laut Machbarkeitsstudie S. 38 ist mit einer Trassenbreite von 22 m zu rechnen, d.h. die Gondeln führen dann in der Mitte der Gebäudefront etwa 10 m vom Gebäude entfernt in N-O-O Richtung vorbei. An den beiden Enden des Gebäudes beträgt der Abstand dann 45 m bzw. 35 m. Diese Zahlen wurden mit Hilfe von Google Earth aus dem Trassenverlauf ermittelt.

 

Das Bild links ist aus Google Earth, die rote Linie ist die Trassenmitte. Schon aus der Geometrie erkennt man die Gefahren bei Starkwind.

 

 

 

Wind

Laut Machbarkeitsstudie ist eine 1-S-Seilbahn leerzufahren und der Betrieb einzustellen, wenn die Gefahr von Windböen von 60 km/h (16,6 m/s) besteht. „Gefahr von Windböen“ bedeutet, dass der Fall bereits bei wesentlich niedrigeren Winddurchschnittsgeschwindigkeiten als 60 km/h auftreten kann.

 

 

Abbildung: Posttower von oben: Längste horizontale Ausdehnung ca. 120 m, vertikale Ausdehnung ca. 50 m, Höhe 162 m. 
Der Querschnitt besteht geometrisch aus zwei Kreissegmenten, die ca. 8m gegeneinander versetzt sind.

 

 

Problemszenario:

Fall 1: Es weht ein Wind in nordöstlicher Richtung mit einer Geschwindigkeit unter 60 km/h, laut Vorschrift darf die Seilbahn fahren. Der Wind trifft das Gebäude in voller Breite und staut sich davor. Aufgrund der Geometrie entstehen dabei sowohl ein Rückstau als auch Turbulenzen (Verwirbelungen), die die Windverhältnisse in unmittelbarer Gebäudenähe komplex und unübersichtlich machen. So ist mit Strömungen in verschiedenen Richtungen bei weit höheren Geschwindigkeiten als 60 km/h zu rechnen, die auf die vorbeifahrenden Gondeln einwirken. So können die Gondeln, die sich nach der windabgewandten Seite neigen, plötzlich starkem Wind seitlich oder aus entgegengesetzter Richtung ausgesetzt sein und sich hochschaukeln. Die geforderte Windgeschwindigkeit unter 60 km/h kann dann in Gebäudenähe leicht überschritten werden und Gondeln und Passagiere in Gefahr bringen.

 

Fall 2: Es weht ein Wind in südwestlicher Richtung  mit einer Geschwindigkeit unter 60 km/h, laut Vorschrift darf die Seilbahn fahren. Der Wind trifft das Gebäude in voller Breite und umströmt es. An der im obigen Bild rechten Außenflanke wird im „Windschatten“ eine Turbulenz entstehen, da der Wind das Gebäude an dieser Stelle nicht laminar umströmen kann, es kann dort zum Strömungsabriss kommen. Der verbleibende nichtturbulente Anteil der Strömung biegt in Richtung Gebäudemitte ab und läuft laminar etwa parallel zur Gebäude-Hinterkante.

An der linken Gebäudeseite entsteht vor dem Gebäude geometriebedingt ein Stau, dahinter umströmt der Wind das Gebäude zunächst laminar (=ohne Verwirbelungen) etwa parallel zum Wandverlauf. Trifft diese Teilströmung nun auf die von der anderen Seite heranführende Strömung, bildet sich eine starke Verwirbelung (Turbulenz) mit unterschiedlichen Richtungen und Geschwindigkeiten; in größerem Abstand hinter dem Gebäude entsteht eine Stromzunge aus den beiden Teilströmungen, die in südwestlicher Richtung verläuft. Aufgrund der kleineren Querschnittsfläche dieser Strömung wird eine entsprechend höhere Geschwindigkeit erzeugt.

Läuft nun eine Seilbahngondel in diesen Bereich ein, so kommt sie aus dem vollen Wind (mit entsprechender Neigung windabwärts) in den Windschatten und schließlich im Bereich der Turbulenz möglicherweise sogar in Strömungen in entgegengesetzter Richtung. Sie kann somit in starke Lageänderungen und ins Schwingen geraten. Im Bereich der Stromzunge kann sie auf Starkwind weit über 60 km/h in südwestlicher Richtung geraten mit der Gefahr des weiteren gefährlichen Aufschaukelns und entsprechender Schräglage, so dass die Sicherheit der Passagiere nicht mehr gewährleistet ist.

 

Fall 3: Der Wind weht in westlicher oder östlicher Richtung: Je nach relativer Richtung zur Gebäudeachse kann sich nahe am Gebäude eine höhere Windgeschwindigkeit als in freiem Feld ausbilden; in dem gebogenen südlichen Teil entlang der Trasse können sowohl Kräfte vom Gebäude weg (vorn am Wind) als auch Kräfte zum Gebäude hinten (hinten am Wind) auftreten, die beide von der Seilbahn durchfahren werden. Somit besteht auch hier zuerst ein Stau vom Gebäude weg, später ein Sog zum Gebäude hin und damit die Gefahr des Aufschaukelns. Bei anderer Wind- oder Fahrtrichtung dreht sich das um, also erst ein Sog zum Gebäude, dann ein Stau vom Gebäude weg.

 

Die Abstände und die Mächtigkeit der Turbulenzen, die Geschwindigkeit in der Stromzunge wie auch die Mächtigkeit der Staus und Soge hängen ab von: 

· der meteorologischen Windgeschwindigkeit

· der meteorologischen Windrichtung

· der Geometrie des Gebäudes

· dem jeweiligen Abstand zum Gebäude (ergibt sich aus dem Trassenverlauf).

 

Da die Gondel bei Vorbeifahrt auch noch verschiedene Abstände vom Gebäude durchläuft, sind die kritischen Windgeschwindigkeiten, bei denen Gefahr besteht, kaum aus der meteorologischen Windgeschwindigkeit und -richtung analytisch zu ermitteln und ändern sich auch noch bei Durchfahrt entlang der Trasse von Meter zu Meter.

Somit greifen die allgemeinen Sicherheitsvorschriften für Seilbahnen bei Wind nicht (die allein auf der in 10 m Höhe gemessenen Geschwindigkeit des Windes im freien Feld beruhen), sobald eine Vorbeifahrt nahe an derartig großen Gebäuden stattfindet.

 

Daher müssten, bevor die Nutzen-Kosten-Analyse weitergeführt wird, zuerst Windkanalmessungen an einem Modell des Posttowers mit der geplanten Trasse durchgeführt werden. Erst danach ist eine seriöse Abschätzung der windbedingten Risiken, Ausfälle (Nutzenreduzierung), der durch Wind bedingten geringeren Akzeptanz der Seilbahn (Nutzenreduzierung) und/oder der Kosten für die Risikoreduzierung (andere Trasse) abschätzbar.

 

Auch stellt sich die Frage, ob nicht im späteren Betrieb eine in situ Messung der Windgeschwindigkeit auf jeder Gondel notwendig wäre, da die analytische Methode der Ermittlung von möglichen Windböen über 60 km/h allein aus Windmessungen in 10 m Höhe im freien Feld in diesem komplexen Fall nicht zum Ziel führt. Dies böte sich allein aus Gründen der Betriebssicherheit der Seilbahn.

Daraus ergibt sich aber im Umkehrschluss, dass alle im Vorfeld gemachten Abschätzungen der Betriebssicherheit bzw. der wetterbedingten Ausfälle nicht zu befriedigenden Ergebnissen führten. Damit wären die Betriebskostenabschätzungen entsprechend unsicher und fehlerbehaftet.

 

Fazit: In der jetzigen Planungssituation ohne irgendeine Risikoabschätzung in Bezug auf die Windverhältnisse ist es unverantwortlich, die Trasse so nah am Post-Tower vorbei zu führen.

 

Ein Experiment zur Verdeutlichung

Stellen Sie einen Zylinder, z.B. eine Flasche auf den Tisch. Dahinter (ca. 5-10 cm) platzieren Sie eine brennende Kerze. Bläst man gegen die Flasche, so erlischt die im "Windschatten" stehende Kerze, da der Luftstrom an beiden Seiten der Flasche herumströmt und sich dahinter wieder trifft. Auf kleiner Querschnittsfläche in der Mitte hinter der Flasche fließt dann ein stärkerer Wind, die Geschwindigkeit erhöht sich also. Rechts und links der Stromzunge können zusätzlich Wirbel entstehen. Stellt man mehrere verteilte Kerzen auf, kann man dies direkt beobachten.

Umgekehrt kennt jeder das Phänomen vor freistehenden großen Gebäuden: drückt der Wind von vorn auf das Gebäude, ist es dort besonders zugig, schlimmer als im freien Feld. Der gesamte Luftstrom muss sich vor dem Gebäude "vorbeizwängen", wird dort dichter und damit wird die Windgeschwindigkeit dort höher. 


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